01.07.2024

DKS Klebstoff-Lexikon

Täglich erklären wir unseren Kunden welcher Klebstoff für dies oder das verwendet werden soll bzw. warum sich etwas nicht so „fügt“ wie erwartet. Daher wollen wir mehr Einblick in unser Wissen rund um die Klebetechnik geben. Die Hälfte unseres Außendiensts verfügt über spezifische Ausbildungen dazu.

Die Wahl der optimalen Fügetechnik basiert prinzipiell auf einer Vielzahl physikalischer und chemischer Prinzipien wie Zug-, Scher-, Spalt- und Schälkräfte, Druckbeanspruchung, Spannungsverläufe, thermische Belastungen und vielem mehr.

Wer sich mit Klebetechnik beschäftigt, sollte die Begriffe Adhäsion und Kohäsion kennen. Ihre Wirkung beschreibt die Bindungskräfte beim Kleben. Adhäsion umfasst die Oberflächenhaftkräfte zweier unterschiedlicher oder gleicher, fester oder flüssiger Stoffe durch Molekularkräfte. Zum Beispiel Kreide an der Tafel, Druckfarbe am Papier oder Wassertropfen am Spinnennetz. Kohäsion bezeichnet die Festigkeit innerhalb des Klebstoffs. Durch die Kohäsion werden Zähigkeit und Fließverhalten bei der Verarbeitung sowie die Festigkeit des ausgehärteten Klebstoffs bei der Beanspruchung beeinflusst.

Für heikle Klebeprozesse sind viel Erfahrung sowie zahlreiche Analysen und Versuche für die optimale Auswahl des Klebstoffs nötig. Viele unserer Techniker haben sich daher eigene Werkstätten eingerichtet, in denen sie Produkte testen, Vorversuche durchführen und Prüfkörper anlegen.

Ob ein Klebstoff hält oder nicht, hängt hauptsächlich von der Oberflächenenergie des Werkstoffs ab. Die Oberflächenenergie ist ein Maß für die Anziehungskraft der Materialmoleküle. Diese Anziehungskraft entscheidet, ob und wie stark etwas auf einer Oberfläche haften kann und ist somit maßgebend für eine Beschichtung oder Verklebung. Grundsätzlich gilt: Metalle haben eine sehr hohe, Glas/Holz/Mineralien eine mittlere und Kunststoffe eine geringe Oberflächenenergie. Bei Kunststoffen ist also besondere Vorsicht geboten!

Die Einheit für die Oberflächenenergie wird in Megajoule pro Meter (mJ/m) angegeben. Der Grenzwert für eine ausreichende Benetzung der Oberfläche liegt bei ca. 36mJ/m. Im Internet findet man zur Orientierung eine Vielzahl an Tabellen mit typischen Werten für verschiedene Materialien. Bei vielen Kunststoffteilen ist das Material durch eine Prägung angeben z.B. ABS, PVC, PP, PA12. Produktdatenblätter vom Kunststoffhersteller führen ebenfalls oft die Oberflächenenergie an.

Der Wert der Oberflächenenergie lässt sich mit Testtinten ermitteln bzw. überprüfen. Diese sind im Fachhandel mit verschiedenen Werten erhältlich, meist in 2er-Schritten aufwärts. Da der Grenzwert bei ca. 36mJ/m liegt, ist die 38er-Tinte wichtig. Kann diese Tinte noch benetzen, liegt der Wert der Oberflächenenergie des Werkstücks über 38mJ/m und eine Benetzung ist grundsätzlich möglich. Je höher der Wert liegt, desto besser funktioniert die Benetzung. Die richtige Anwendung und Bewertung der Testtinte wird meist ausführlich vom Hersteller erklärt.

Die Oberflächenenergie lässt sich auch durch einen Schnelltest mit Wasser ermitteln. Wasser hat eine Oberflächenenergie von 73mJ/m. Leert man Wasser auf eine Oberfläche und es benetzt die Fläche, ist die Oberflächenenergie des Untergrunds höher als die des Wassers, also mindestens 73mJ/m. Auf dieser Fläche sollte eine gute Benetzung des Klebstoffs möglich sein. Bei Tropfenbildung ist die Oberflächenenergie (Oberflächenspannung) des Wassers höher als die des Untergrunds, der Wert liegt also unter 73mJ/m. In diesem Fall lohnt es sich genauer nachzuforschen, da die Benetzbarkeit schlecht bis unmöglich sein kann.

Oberflächen(energien) können natürlich verändert bzw. optimiert werden.
Für Oberflächen die nahe am Grenzwert liegen, benötigt man bei vielen Klebstoffen einen Aktivator oder Primer. Bei Oberflächenenergien unter dem Grenzwert, gibt es Möglichkeiten diese anzuheben. Dazu ist technische Unterstützung durch unsere Techniker nötig. Eine bewusste Veränderung der Oberflächenenergie macht man sich in vielen Bereichen zunutze. Als Beispiele dienen Polituren und Versiegelungen. Nach dem Polieren des Autos perlt Wasser ab und Schmutz kann kaum mehr haften. Speisereste sind von einer Pfanne mit Teflonbeschichtung (PTFE) durch die niedrige Oberflächenenergie leichter entfernbar.

Primer sind Haftvermittler, die mit dem Untergrund eine "innige" Verbindung eingehen und einen guten Haftgrund für den entsprechenden Kleb- bzw. Dichtstoff bieten. Ein sorgfältig aufeinander abgestimmtes System garantiert optimale Ergebnisse. Für jede Oberfläche gibt es einen entsprechenden Primer. Welcher Primer zur Anwendung kommt, ist der Primertabelle oder der Arbeitsanweisung zu entnehmen. Die geprimerte Fläche muss mit der Klebefläche übereinstimmen. Der Primer wird mit Wollwischer oder Basotex-Matte dünn, aber deckend aufgetragen. Die Ablüftzeiten sind einzuhalten.

Insbesondere bei schwer klebbaren Substraten ist es wichtig, Oberflächen anzuschleifen und einen Primer einzusetzen. Durch seine chemischen und physikalischen Eigenschaften erhöht er die Haftung zwischen Klebstoff und Werkstück. Der dünnflüssige (niedrigviskose) Primer kann sich mechanisch in der nach dem Schleifen aufgerauten Oberfläche verkrallen, was ein dickflüssiger (hochviskoser) Klebstoff nicht schaffen würde.

KEINE optimale Verklebung OHNE Reiniger!
Dieser bereitet die Klebefläche optimal auf den weiteren Prozess vor und entfernt Schmutz und Fette. Grundsätzlich ist immer von Verschmutzung auszugehen, somit startet jeder Klebeprozess IMMER mit der Reinigung. Diese hat zeitnah vor der Verklebung zu erfolgen, damit die Fläche zwischenzeitlich nicht wieder verschmutzt. Selbst mikroskopisch kleine Verunreinigungen können die gewünschte Haftung mindern

Warum ist ein Reiniger so wichtig?
Klebstoffe funktionieren, indem chemische Reaktionen ablaufen. Diese Reaktion findet zwischen der Oberfläche der Fügeteile und dem Klebstoff statt. Verunreinigungen stören diese Reaktion. Oberfläche und Klebstoff sind entscheidend für die Auswahl des Reinigers. Verwenden Sie immer die vorgeschriebenen Reinigungsmittel und befolgen Sie die Arbeitsanweisung!

Reinigungsmittel müssen ablüften!
Dinitrol 520 hat beispielsweise eine Ablüftzeit von 10 Minuten. Wird diese Zeit unterschritten, kann es zu Fehlstellen und Blasenbildung kommen. Der Primer kann keine Haftung zum Substrat aufbauen, weil Lösemittel zwischen den Schichten verbleiben.

Eine häufige Fehlerquelle bei der Reinigung sind fusselige Putztücher. Verwenden Sie stets saubere, fusselfreie Papiertücher oder saubere Baumwolltücher und wechseln Sie diese regelmäßig. Besser nur in eine Richtung wischen als in kreisförmigen Bewegungen oder hin und her.

Je nach Branche, Einsatzgebiet und Werkstoffeigenschaft gibt es vorgeschriebene oder empfohlene Klebeprüfungen für die Auswahl des geeigneten Klebstoffes. Je klarer die Vorgaben unserer Kunden definiert und je produktionsnäher die Musterbleche sind, desto exakter sind die Ergebnisse unserer Klebeprüfungen. Häufig testen wir mittels Raupenschälversuch. Dafür teilen wir Musterbleche in mehrere Abschnitte, die unterschiedlich vorbehandelt werden, bevor wir die Kleberaupen auftragen. Nach einer Woche schneiden und schälen wir die Raupen und beurteilen das Bruchbild zwischen Klebstoff und Substrat. In definierten Zeitabständen erfolgen weitere Prüfungen wie die Wasserlagerung, der Temperatur- sowie Kataplasma-Test.

Der Bericht wird wöchentlich mit weiteren Informationen ergänzt. Stay tuned - auch auf Facebook und Instagram!

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